Mittwoch, 25. Juli 2012

Über die Ausrüstung am Kopf des Pferdes



Mit Gebiss oder ohne, Anlehnung - ja oder nein?


Was sollten heute unsere Ideale sein?



Als Tierphysiotherapeutin und im Rahmen der PHYSIO-RIDING Seminare ist das Thema „Ausrüstung am Pferdekopf“ ein immer wieder kehrendes Thema.

Ich will versuchen, die Fakten aus meiner tierphysiotherapeutisch geprägten Sichtweise hier einmal zusammengefasst darzustellen:

1.
Wenn das Pferd geritten wird, ruht das Reitergewicht auf dem Brustkorb und der wird von den Vorderbeinen getragen. Hierdurch werden die Vorderbeine weitaus mehr belastet als beim ungerittenen Pferd. Deshalb sollte es für jeden Reiter selbstverständlich sein, dass das Pferd während des Reitens animiert wird, mit den Hinterbeinen fleißig unter den Körper zu treten und dabei durch Aufwölbung der Lendenwirbelsäule das Becken zu kippen. Ziel ist es, die Vorderbeine zu entlasten.

2.
Diese unter 1 beschriebene Verlagerung des eigenen Körpergewichtes während der Bewegung ist für das Pferd sehr anstrengend und schwierig zu meistern, weil es einem Balanceakt gleicht.
Absolute Voraussetzung ist, dass der Mensch ruhig, unauffällig und selber im Gleichgewicht sitzt, damit er die Muskeln des Pferdes im Rücken nicht am Wechselspiel zwischen Anspannung und Entspannung hindert.

3.
Das Gebiss im Maul des Pferdes kann dem Pferd als wertvolles Hilfsmittel bei diesem Balanceakt dienen.
Wie ein Balletttänzer, der sich beim üben immer mal wieder für kurze Momente an der Wand abstützt(„anlehnt“), kann auch das Pferd sich immer mal wieder am Gebiss kurz auflehnen und wieder abstoßen. Hierdurch sind die Begriffe „Anlehnung“, „Relative Anlehnung“ und „Versammlung“ entstanden.

Je schlechter der Reiter sitzt und je schwächer die Hinterhandmuskulatur des Pferdes ist, desto mehr wird das Pferd dazu neigen, sich dauernd schwer auf die Hand auflehnen zu wollen, je feiner der Reiter reitet und je kräftiger die Hinterhand des Pferdes ist, desto besser kann das Pferd sich versammeln und von der Hand abstoßen.
Das Abstoßen kann nicht durch Zügeleinwirkung geübt werden, das Pferd lernt, sich abzustoßen, indem die Hinterhand durch versammelnde Lektionsfolgen zum Fleiß angeregt wird.

Beispiel: Wenn ein Reiter mittels Stimmenkommandos oder minimalster Gewichtsverlagerung die Lektionen „Halt - Rückwärts – Schritt“ kombiniert, wird die Hinterhand aktiviert und das Pferd wird sich vom Gebiss abstoßen.
Wird beim anhalten oder rückwärts treten mit der Hand am Zügel gezogen oder gezubbelt (manche nennen das auch Paraden), wird das Pferd nicht die Hinterhand trainieren sondern die Lektionen mit zu viel Vorhandbelastung aus führen und nicht lernen, sich perfekt auszubalancieren.

4.
Sobald der Reiter das Gebiss im Maul des Pferdes benutzt, um das Pferd zu steuern oder die Halshaltung zu manipulieren ist der unter 3 beschriebene Sinn der Anlehnung verloren gegangen.
Das Pferd wird daran gehindert, mit der Hinterhand Last aufzunehmen, es läuft auf der Vorhand und schadet seiner Gesundheit.

5.
Wenn ein Pferd mit einem Kandarengebiss geritten wird, führt der Reiter Druck auf das Genick aus. Gebisse mit Hebelwirkung wurden im Krieg oder bei der Arbeit (Westernreiter) benutzt, um die Pferde ohne großen Kraftaufwand beherrschen zu können.
Es findet eine Manipulation der Kopf- und Halshaltung statt, gegen die das Pferd sich nicht wehren kann. Die Wirkung lässt sich mit dem auf dem Bild oben dargestellten Selbstversuch gut nachvollziehen.
Die Nutzung der Kandare ist nicht sinnvoll sondern nur für den Reiter bequem. 
Auch wenn jemand mit dem Kandarengebiss sehr vorsichtig und sorgfältig umgeht, wird das Pferd doch mit einem harten Ruck im Genick bestraft, sobald es auch nur mit dem Kopf schütteln und eine Fliege verjagen möchte. Dieses hat eine stark negative psychologische Wirkung auf das Pferd. 

6.
Wenn ein Pferd gut ausgebildet ist und der Reiter sehr gut sitzt, und also das Gebiss zum aufstützen nicht mehr gebraucht wird, ist es für Reiter und Pferd sehr angenehm mit einer Gebiss-losen Zäumung zu reiten, solange es eine Zäumung ist, die nicht mit Härte, Druck oder Hebelwirkung auf den empfindlichen Nasenrücken wirkt.
Ist das Pferd noch nicht gut ausgebildet und sitzt der Reiter noch nicht perfekt im Gleichgewicht und wird der Zügel zum lenken benutzt, wird das Pferd ohne Gebiss im Maul dazu tendieren, die Vorhand zu überlasten und sich im Rücken zu verspannen. Auch wenn das Pferd während des Reitens versucht, unangenehmer Einwirkung auf den Nasenrücken durch Kopfsenken auszuweichen, wird die Vorhand zu sehr belastet. 
Langfristig verlieren die Bewegungen  ihre Weichheit und Elastizität, Gelenkerkrankungen können die Folge sein.

Der ideale Ausbildungsweg sollte so aussehen:
  1. Phase – Tierphysiotherapeutische Bodenarbeit zum Muskelaufbau für das Pferd
  2. Phase – Erlernen von Stimmenkommandos, damit der Zügel möglichst nicht zum steuern und anhalten gebraucht wird.
  3. Phase – Reit-Übungen mit einem für das Pferd angenehmen Gebiss im Maul

    Das Ziel der Ausbildung - das Ideal des modernen Reiters - sollte sein, dass sich Pferd und Reiter harmonisch und schön bewegen, ohne das eine Handeinwirkung statt findet. Das Pferd kann „nackt“ geritten werden, behält seine weichen elastischen Bewegungen und belastet nicht die Vorhand zu stark weil es gelernt hat sich gesund zu versammeln.  
Voraussetzung: Der Reiter muss über genügend Bewegungsdisziplin und Körperbeherrschung verfügen, um dem Pferd zu ermöglichen, die Vorhand zu entlasten. 

Ein Pferd auszubilden bedeutet immer an sich selber zu arbeiten.

Leider arbeiten zu wenige Reiter an ihrer eigenen Kunst und wollen mit Hilfe verschiedener Ausrüstungsgegenstände am Kopf des Pferdes die Mängel ausgleichen.
Die Folge ist, dass trotz deutlicher Verbesserung der Haltungsbedingungen des Pferdes in den letzten 30 Jahren immer noch die chronische Hufrollenentzündung eine der häufigsten unheilbaren Krankheiten des Reitpferdes ist.

Aus- und Fortbildungsangebot für engagierte Reiter und Ausbilder im Pferdesport:

Ausbildung zum PHYSIO-RIDING® Coach
Die Ausbildung des Reitlehrers hat sich in den letzten 100 Jahren den modernen wissenschaftlichen Erkenntnissen über die physiologischen Vorgänge im Körper zu wenig angepasst. Der PHYSIO-RIDING® Coach ist ein innovativer Reitlehrer, der über diese Kenntnisse verfügt. Basisausbildung als Fortbildung per Fernkurs möglich.Vom Bzt e.V. zertifizierte, patentrechtlich geschützte Berufsbezeichnung.
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Samstag, 14. Juli 2012

Die Bedeutung des Wortes "Treiben"

         

Über die Missverständnisse zur Bedeutung des Wortes "Treiben"



Als alte Reitmeister ihre Reitlehren schrieben  und das Wort "treiben" benutzten, konnte sich jeder Leser etwas darunter vorstellen, denn für jeden Menschen war es selbstverständlich das Viehherden "getrieben" wurden.
Heute begegnet uns dieses Wort im normalen Alltag nicht mehr und deshalb verstehen viele Reiter den Sinn dieses Wortes nicht mehr richtig.

Treiben bedeutete, hinter dem Tier zu gehen oder zu laufen und es mittels Signalen (Gerte) zum vorwärts gehen oder laufen aufzufordern.

Heute denken leider viele Reiter, "Treiben" bedeutet, dem Pferd die Eingeweide herauszuquetschen. Sie meinen: "Je stärker ich mit dem Schenkel drücke, desto mehr treibe ich und wenn das nicht reicht, brauche ich Sporen, um noch mehr Druck zu erzeugen....."

Seltsamerweise werden die Pferde dadurch nicht fleißiger sondern immer langsamer und "triebiger" wie das dann genannt wird. Druck mit dem Schenkel animiert die Bauchmuskeln (auf dem Bild weiß gestrichelt dargestellt) zum anspannen. Werden Bauchmuskeln ständig angespannt, behindert das die Fortbewegungsmöglichkeiten des Pferdes, denn für eine gesunde Fortbewegung müssen die Bauchmuskeln sich während der Rückführung der Hintergliedmaße entspannt dehnen lassen.

Richtiges Treiben bedeutet: Ich gebe ein Signal, dass das Pferd wahr nimmt und es reagiert darauf freiwillig mit mit mehr Aktivität der Hinterhand.
Welches Signal ich benutze, verabrede ich vorher mit dem Pferd. Dieses Signal kann ein leichtes Anlegen des Schenkels, ein leichtes Anlegen der Gerte oder auch ein Stimmenkommando sein. Es ist auch möglich als Signal ein berühren des Widerristes oder ein Verändern der Schenkellage zu wählen. Wichtig ist einzig und allein, dass mein Pferd und ich exakt verabreden, was das Signal zu bedeuten hat. 
Hierfür gibt es verschiedene Möglichkeiten, die aber alle auf die positive Bestärkung/Belohnung beruhen müssen, wenn das Pferd gerne dem Signal folgen soll.

Wichtig ist also, dass das Pferd die Bedeutung des Signals versteht und dann selbstständig und freiwillig agiert. So bleibt das Pferd bewegungsfreudig und gesund, Versammlung entwickelt sich spielerisch und harmonisch und Reiten macht Spaß!


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Dienstag, 10. Juli 2012

Die Steuerung der Muskelarbeit


Die Steuerung der Muskelarbeit



über den Unterschied zwischen mechanischer und kommunikativer Einwirkung

Eines meiner ersten Erkenntnisse aufgrund meines neuen Anatomiewissens hat noch heute für mich bei der Ausbildung von Pferden oberste Priorität.

Die Arbeit von Muskeln wird vom Gehirn gesteuert. Wenn ich am Tisch sitze und eine Tasse Kaffee zum Mund führen will, entscheide ich in meinem Gehirn, dass ich die Tasse zum Mund führen will und mein Gehirn gibt dann Informationen an alle beteiligten Muskeln: die Muskeln, die arbeiten sollen, werden aktiv und spannen an und die Muskeln, die entspannen müssen, damit sie die arbeitenden Muskeln nicht blockieren, bekommen die Information zur Entspannung.
Nur weil ich in meinem Kopf die Entscheidung zum Kaffee trinken getroffen habe, kann mein Körper problemlos und reibungslos agieren.

Auf dem Bild (aus dem Buch "PHYSIO-RIDING mit Sabine Bruns, Verlag Müller-Rüschlikon 2012) sieht man mich mit Mogli. Ich habe beschlossen, meinem Pferd ein Leckerli zwischen den Vorderbeinen zu geben und bücke mich deshalb. Mein Bauch und meine Oberschenkel spannen an, während mein langer Rückenmuskel und mein Gesäßmuskel entspannen, um die Beugung des Körpers nicht zu behindern.

Hätte ich nun nicht selber die Entscheidung getroffen, meinen Körper zu beugen sondern jemand anders hätte hinter mir gestanden und mich nach unten gedrückt, ohne mir zu sagen, wohin ich mich bewegen soll, hätten die Muskeln meines Rücken und meines Gesäßes nicht gewusst, dass sie entspannen müssen. Die Bewegung wäre höchst unangenehm und ich würde mich wehren.

Meinem Pferd geht es genauso, wenn ich ihm wie hier auf dem Bild das Leckerli zwischen die Beine halte, entscheidet er im Gehirn, dass er den Rücken aufwölben und das Leckerli ergreifen will.
Würde ich ihn dazu zwingen, seinen Kopf so tief zu halten, wären Rücken- und Nackenschmerzen die Folge, weil die zur Beugung wichtigen Muskeln nicht wüssten, dass sie entspannen müssen.

Fazit für das Reiten: 
Jede Hilfengebung durch den Reiter sollte eine Information in Form eines Signals oder Stimmenkommandos sein, die das Pferd wahr nimmt, versteht und daraufhin selbstständig und freiwillig agiert. 

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Montag, 9. Juli 2012

Was ist PHYSIO-RIDING?

Was ist PHYSIO-RIDING?

Ich reite seit meinem 13. Lebensjahr und hatte immer den Traum,  die Perfektion in der Dressurreiterei zu finden. Ich wollte immer harmonisch und schön mit meinen Pferden reiten - aber bei jedem Lehrer kam dann doch immer irgendwann der Tag an dem es hieß: "Nun musst Du ihm aber mal Bescheid sagen...." oder " nun musst Du Dich aber mal durchsetzen..."
Bedeutete das, das es harmonisches Reiten MIT dem Pferd nicht geben konnte? War Dressurreiten nur möglich mit Zwang und Gehorsam?

Im Jahre 1998 konnte man an einer privaten Schule in Deutschland (damals ganz neu) eine Ausbildung zum Tierphysiotherapeuten machen. Ich meldete mich sofort an und hoffte, auf diesem Wege Erkenntnisse über die wirklich harmonische Ausbildung des Pferdes zu finden.
Dieser Schritt war der Beginn  zu einer Lebensaufgabe.

In den letzten 14 Jahren habe ich im Rahmen unserer Akademie für Tierphysiotherapie HR (AFT interaktiv Gbr) und durch meine Arbeit als praktizierende Tierphysiotherapeuten viele Erfahrungen  gesammelt und in mehreren Büchern veröffentlicht.
Eine meiner Hauptaufgaben  für die Gesundheit der Pferde ist es für mich,  Reitern zu erklären, warum ihre Pferde gesundheitliche Probleme durch das Reiten bekommen und Wege zu zeigen, die zu einer  modernen und gesunden Ausbildung führen.

Hieraus entwickelte sich das Konzept PHYSIO-RIDING.

PHYSIO-RIDING ist die Symbiose aus Tierphysiotherapie und Reitlehre und damit eine tierphysiotherapeutisch begründetete Reitlehre.

Viele Reiter profitieren inzwischen von den Erkenntnissen des PHYSIO-RIDING und seit 2006 können Reiter sich zum lizensierten PHYSIO-RIDING Coach ausbilden lassen.

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